Montag, 31. August 2015

Auffällig unauffällig

Bauarbeiterinnen in Taiwan

Bisher dachte ich, es wäre nur mir aufgefallen. Jetzt merkte es auch die beste Ehefrau von allen an. Es gibt eigentlich keine Bauarbeiterinnen in Deutschland. Erstaunlich und fremdartig für die Taiwanerin! Oder aus der Perspektive des deutschen Verfassers dieser Zeilen: In Taiwan sind Bauarbeiterinnen etwas so selbstverständliches, dass sie – bis auf dem beobachtenden Ausländer – niemanden auffallen.

Ausgetauscht haben wir uns über diese Erfahrung bei einem Bericht über die vielen Baustellen an Autobahnen und Fernstraßen in Nordrhein-Westfalen. Über Jahrzehnte wurde der notwendige Unterhalt im gebotenen Umfang unterlassen, damit (seit langem pensionierte oder bereits verstorbene) Politiker Geld für Prestigeprojekte und öffentlichkeitswirksame Neubauten ausgeben konnten. Dank der Rekordgewinne bei den Unternehmen und einer Steuerschwemme, für die nicht nur die Griechen sondern auch wir in diesem Land länger und für weniger Geld arbeiten dürfen, steht jetzt überreich Kapital zur Verfügung. An allen Ecken entstehen heute neue Baustellen, finanziert mit Bundesmitteln oder hoch gefördert als Landes- und Gemeindevorhaben. Da weiß der tägliche Berufspendler bald nicht mehr, wie er den ganzen Verkehrseinschränkungen entgehen soll.

Unter vielen Männern vom Landesstraßenbetrieb erschien in dem Bericht auch eine Frau. Nein, erklärte ich, dass ist keine Arbeiterin, sondern die Mitarbeiterin wird eine Verwaltungsangestellte sein, vielleicht eine Ingenieurin oder Technikerin in Gummistiefeln und Arbeitskleidung.

Im Dezember 2013 vervollständigt diese fleißige Arbeiterin den monumentalen neuen Bauabschnitt des Fo Guang Shan Klosters in Kaohsiung.

Wirkliche Emanzipation gibt es nicht, so hieß es im gestrigen Fernsehbeitrag über Femen, bevor die Damen ihre Brüste entblößten und gegen das Übel dieser Welt protestierten. Stimmt! Emanzipation gibt es nicht. Sicher hat auch das taiwanische Modell seine Nachteile: Wird das gleiche Einkommen gezahlt und besteht die gleiche soziale Absicherung zwischen den Geschlechtern? Auf jeden Fall ist es spannend, wie unterschiedlich sich die Kulturen ausgeprägt haben, was wir für selbstverständlich halten und sich traditionell verfestigt hat. Es geht eben nicht nur um Quoten bei den Positionen der Top-Manager.

Samstag, 1. August 2015

Willkommenskultur

Deutschland so beliebt!

Herzlich Willkommen in Deutschland! Schloss Neuschwanstein grüßt!

Wir befinden uns im Jahr 2015 n. Chr. Ganz Deutschland ist von einer Willkommenskultur besetzt. … Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Bürokraten bevölkertes Institut hört nicht auf, der Idee Widerstand zu leisten.

Nun ja, die Idee der Willkommenskultur wurde primär vom Innenministerium propagiert, um die nötige Zuwanderung für Arbeitsmarkt und Rentenkasse zu fördern und für Verständnis zu sorgen, dass Deutschland und die Deutschen nicht alleine auf der Welt sind. Ob das auswärtige Amt auch dahinter steht, erscheint fraglich, wenn der Autor dieser Zeilen Berichte aus Taiwan hört, wie schwierig es ist, in angemessener Zeit ein Visum zu erhalten.

Den Umgang mit dem deutschen (Nicht-) Botschaft in Taiwan habe ich auch stets als schwierig empfunden. Das Lied „Mein kleiner grüner Kaktus“, von den Comedian Harmonists in Zeiten des Nationalsozialismus herausgebracht, was damals als Warteschleife am Telefon eingespielt wurde, entwickelte sich zum Haßlied.

Die deutsche (Nicht-) Botschaft in Taipei hat bis Ende August 2015 die telefonischen Sprechstunden am Freitag ausgesetzt, um der Bearbeitung der vielen Langzeitvisaanträge besser nachzukommen.

Damit gibt es nur noch die Möglichkeit zur Vorsprache in Visaangelegenheiten mit einem vereinbarten Termin über ein Online-Vergabesystem.

Vor einigen Tagen habe ich das mal getestet. Ergebnis meines kleinen Tests war nach einigen Klicks:

504 Gateway Time-out

The server didn't respond in time.

Vorgestern ging es besser.

Hmm, wie war das noch mit der Barrierefreiheit im Internet und den deutschen Rechtsgrundlagen?

Immerhin kam ich bis zu den Terminen durch. Im August gab es kein Terminangebot.

Im Dezember 2015 habe ich aufgehört weiter zu klicken.

Da werden junge Taiwaner, die in Deutschland studieren wollen, herausgefordert und lernen gleich, warum der „Hauptmann von Köpenick“ im ihrem Zielland so populär wurde. Ohne Zulassung einer deutschen Universität kein Visum, nach Erhalt der Universitätszulassung kaum Chance zeitnah einen Termin für das Langzeitvisum zu bekommen, ohne Visum kein Studium zum angestrebten Zeitpunkt in Deutschland.

So hat sich denn quasi ein „Schwarzmarkt“, eine Austauschbörse im Netz, für Termine beim deutschen Institut entwickelt. Liegt es am billigen Euro und an der florierenden Wirtschaft, dass dieses Land so beliebt ist? Wirtschaftfördernd greift das auswärtige Amt noch ein, indem es schneller Visa für Sprachstudien erteilt, die dann in Deutschland in Studentenvisa umgewandelt werden können. Gewöhnlich kann keine Änderung des Visa-Zwecks und damit des Visums in Deutschland vorgenommen werden. Welche Sprachschul-Lobby hat sich denn da durchgesetzt?

Deutschland lockt mit Super-Attraktionen, doch es wird unseren Gästen nicht leicht gemacht.

Die Marienbrücke, Standort für das vorhergehende Foto, wird ab dem 3. August 2015 für voraussichtlich etwa vier Monate gesperrt. Einer der besten Fotostandpunkte mit Schloß Neuschwanstein geht damit erst einmal verloren. Ein Schock für die Touristenwelt!

Richtig ist sicherlich, die Zahl der Besucher auf das Brücke durch ein Drehkreuz oder ähnliches zu begrenzen, wie es jetzt beabsichtigt wird. Mich erstaunte, wieviele Menschen die Brücke aushält. Die Holzbohlen bogen sich allerdings schon unter den Füßen.

Leider sind einige der Mitbesucher rempelnde Hooligans, wozu auch Damen aus Fernost zählen. Also hieß es, geschickt einen gute Positon auf der Brücke zu erreichen, einen festen Standort einzunehmen und zu verteidigen, zu knipsen und dann wieder schnell von der belasteten Brücke flüchten.

Bei den letzten Besuchen vor etlichen Jahren hatte ich niemals eine solche Situation erlebt. Während dieses touristische Interesse von reichen Nord- und Südamerikanern, Asiaten, Australiern, Malayen und Indonesiern, Osteuropäern und Russen Deutschland schmeichelt, wird eine andere Zuwanderung kritisch gesehen. So hat die deutsche Botschaft in Tirana Anzeigen in albanischen Zeitungen geschaltet, die vor der Armutsflucht warnen. Das wirkt sehr hilflos. Vermutlich führt kein Weg an einem vereinten Europa vorbei, dass einen gemeinsamen Haushalt mit einem Länderfinanzausgleich hat, eine gemeinsame Sozial- und Wirtschaftspolitik verfolgt, für gleichwertige Lebensverhältnisse und gleiche Rechte sorgt. Wenn es schon in Europa nicht gelingt, in allen Ländern ein verantwortliches politisches Management zu installieren, was den Menschen dient, wie sollen dann erst lebenswürdige Zustände in Afrika oder im nahen Osten hergestellt werden?

Das die beste Ehefrau von allen angesichts der zunehmenden Zahl von Flüchtlichen erwägt, mit Pegida zu sympathisieren, stellt sicherlich keine Lösung dar. Gerade die Flüchtlinge aus der Fremde sind am wenigsten an ihrem Schicksal und ihrer Verzweifelung schuld.